Land: Deutschland 2020 Regie: Andreas Kröneck Dauer: 93 min. Mit: Martin Kaps, Nadine Petry, Christina Rieth, Raik Singer, Emrah Erdogru Label: good!movies VÖ: 26.12.2022 FSK: 12 – Von Georgios Tsapanos
Wer kein Lehrer ist, braucht einen guten Grund, um an einer Schule zu unterrichten. Zeki, frisch aus dem Knast entlassen, hat Schulden bei Attila und sollte sie besser begleichen. Gut, dass er weiß, wo die Beute seines letzten Bankraubs vergraben liegt. Dumm, dass inzwischen eine Turnhalle darüber errichtet wurde. Um nachts ungehindert suchen zu können, wird Zeki tagsüber Lehrer an der Goethe-Gesamtschule, zu der die Turnhalle gehört.
Wer kein Erwachsenenpädagoge ist, braucht einen guten Grund um Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose zu leiten. Patrick hat Schulden bei einem Kredithai und sollte sie besser begleichen. Einen Film wolle er drehen, hatte er dem Kreditgeber gesagt. Jetzt will der den Film sehen oder… Also muss ein Film her, in drei Wochen und eigentlich ohne Geld. Prompt werden die Dreharbeiten als Weiterbildungskurs verkauft, die Teilnehmer sind die unfreiwilligen Darsteller, das Projekt heißt „Goethes Killerfaust 3D“.
Die Parallelen der Exposition von Bora Dagtekins Über-Erfolg „Fack ju Göthe“ (2013) und Andreas Krönecks Spielfilmdebüt „Faustdick“, das seine Premiere coronabedingt 2020 im Autokino erlebte, sind so offenkundig (der Arbeitstitel lautete „Goethe sein Faust“), dass man sie allein schon deshalb erwähnen muss, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, sie vorsätzlich unterschlagen zu haben. Wer deshalb aber „Faustdick“ als nur oberflächlich getarnte Kopie des Publikumsschlagers sehen möchte, erweist weder dem Film noch sich selbst einen Gefallen.
„Faustdick“ folgt erzählerisch den klassischen und daher erprobten Mustern der so genannten Feelgood-Comedy. Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, müssen zueinander finden, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, von dem sie zunächst nicht mal wissen, dass es sich dabei um ein gemeinsames Ziel handelt. Selbstverständlich müssen auf dem Weg dahin genretypische Hindernisse überwunden werden (wir sagen nur: Hans-Peter Thorwald). Am Ende wird alles gut, alle – na ja, fast alle – haben etwas fürs Leben gelernt und sind verliebt und wenn es noch nicht gut ist, ist es auch in „Faustdick“ noch nicht das Ende.
Bild für Bild sieht man diesem Film an, dass er vom Herzblut aller Beteiligten vor und hinter der Kamera zusammengehalten und getragen wird. Sein so ganz eigener Charme speist sich aus der Originalität und Ungeschliffenheit seines Personals ebenso wie aus der mitunter augenfälligen Ungeschliffenheit der technischen Auflösung der einen oder anderen Sequenz oder Szene. Die mangelnde Glätte der Produktion gereicht Film und Stoff tatsächlich sogar zum Vorteil und es ist dem Produktionsteam zu wünschen, bei kommenden, vielleicht auch üppiger budgetierten Projekten, die Glätte zu vieler deutscher Produktionen weiter weiträumig umgehen zu können.
An dieser Stelle muss aus Transparenzgründen erwähnt werden, dass „Faustdick“ eine Produktion der Firma HNYWOOD (gesprochen: Heilbronniwood) ist, in und um Heilbronn herum gedreht und produziert wurde und dort auch seine Uraufführung feierte. Der Stadt also, deren Kinos und Jugendhaus der Autor dieser Zeilen seine filmische educación sentimentale verdankt. Natürlich geht ein solcher Film mit einem nicht zu verachtenden Stein im Brett ins Rennen…