Das fliegende Klassenzimmer

Land: D 2023  Laufzeit: 85 min.  Regie: Carolina Hellsgård  MitTom Schilling, Trystan Pütter, Hannah Herzsprung, Leni Deschner, Lovena Börschmann, Franka Roche, Wanja Valentin Kube, Holly Schiek, Leander Schumann, Aaron Sansi, Morten Völlger Label: Leonine  FSK: 0 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos

© Leonine

Erich Kästner veröffentlichte seine berühmte Internatsgeschichte 1933, drei Jahre später wurde sie von den Nazis verboten. Deshalb dauerte es bis 1954, ehe sich Komödienexperte Kurt Hoffmann erstmals und auf Basis eines von Kästner selbst geschriebenen Drehbuchs der Sache filmisch annahm. 1973 folgte der zweite Streich unter der Regie von Werner Jacobs nach einem Drehbuch von – immerhin! – Franz Seitz und war sehr offensichtlich vor allem als Vehikel für Joachim Fuchsberger gedacht, nachdem die Edgar-Wallace-Reihe zu einem Ende gekommen war. 2003 tauchte dann Tommy Wigands arg modernisierte Version auf und war bald danach vergessen, um nun Carolina Hellsgards vierten Anlauf zu weichen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Erich Kästner ist einfach unkaputtbar, obwohl sich Frau Hellsgard im Duett mit ihrer Drehbuchautorin Gerrit Hermans ziemlich Mühe gibt, dem Film alle Lebendigkeit und Frische der Vorlage auszutreiben. Alles, was den Roman ausmacht ist da, aber alles, was nach Konflikt aussieht, wird auch nach Kräften zurückgenommen, Entscheidendes wird vom Erzähler (dem Kette rauchenden „Nichtraucher“) bedeutungsschwanger erzählt und nicht eindringlich gezeigt und mit zunehmender Spieldauer beginnen sowohl die Kinder- wie die Erwachsenendarsteller ein wenig zu nerven.

Fast neu ist die Verlagerung der Handlung vom Winter in den Sommer (war aber schon in der 1973er Fassung so). Richtig neu ist, dass aus der ausschließlichen Jungsgeschichte beinahe eine Mädchengeschichte wird und aus Martin eine Martina. Traditionelle Konflikte, von denen niemand mehr weiß, wann und weshalb sie ausgebrochen sind, wie die innige Feindschaft zwischen den „Internen“ und den „Externen“ des Internats bekommen ebenso ihr Fett weg wie die schwarze Pädagogik, wo immer sie ihr schauriges Haupt erhebt, was aber mehr Kästners Vorlage als Hellsgards Umsetzung zu danken ist. Am Ende sind alle vom Wert der Freundschaft beseelt.

Fazit: Wer vor allem an die erste Version von 1955 nicht herankommt (gibt es aber bei MFA+), kann sich auch diese Fassung anschauen. Aber bevor sie oder er das tut, gäbe es etwas noch viel Krasseres: Sie oder er könnte zu Erich Kästners Buch greifen und – lesen!

Dieser Beitrag wurde unter Kinderfilm, Komödie, Literaturverfilmung abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..