The Iron Claw

Laufzeit: 140 min.  Regie: Sean Durkin  Mit: Zac Efron, Jeremy Allen White, Harris Dickinson, Stanley Simons, Lily James  Label: Leonine  FSK: 12 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos

© Leonine

Sean Durkins „The Iron Claw“ ist ein merkwürdiger und bemerkenswerter Film zugleich. Er macht so vieles richtig, dass die Dinge, die er falsch macht, deshalb umso mehr ins Gewicht fallen. Er erzählt aus der wunderlichen Welt des Wrestling, die die einen für eine Jahrmarktsbelustigung einfacher Gemüter halten, andere hingegen für eine professionelle Sportart mit Showbiz Appeal. Mehr noch lotet der Film aus, welche unterschiedliche Bedeutungen und Auswirkungen der Begriff Familienbande umfasst, dem laut Karl Kraus stets ein Beigeschmack von Wahrheit anhaftet. Und schließlich erleben wir eine weitere Variation des amerikanischen Traums und welche Opfer manche dafür zu bringen bereit sind, ihn träumen zu dürfen.

Im Mittelpunkt steht der von-Ehrlich-Clan, eine Familie, die vor allem in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre das Wrestling dominierte. Der Patriarch Fritz von Ehrlich, in der Vergangenheit selbst ein ehrgeiziger Wrestler, modelliert seine vier Söhne Kevin, Kerry, David und Mike nach seinem eigenen Vorbild zu Vorzeigekämpfern, denen Erfolg alles sein sollte, auf das sie erringen, was dem Vater verwehrt geblieben war . Tatsächlich gab es noch einen fünften Bruder, Chris, den der Film in einer erstaunlichen Entscheidung künstlerischer Freiheit einfach unterschlägt.

Natürlich gibt es Wrestling-Szenen und sie sind alle für sich kleine Meisterwerke der Choreographie zwischen Kamera und Bewegung in einem Sport, in dem Choreographie alles ist. Aber sie dominieren nicht die Familiengeschichte, um die es Regisseur und Drehbuchsautor Durkin viel mehr geht, sondern wirken bald wie die natürliche Erweiterung der familiären Kämpfe, die die von Ehrlichs alle miteinander täglich ausfechten. So wird das Markenzeichen des Vaters als Wrestler, die eiserne Kralle, zugleich zur Metapher für den grausamen Griff, mit dem er seine Söhne im Zaum hält und auch väterliche Zuwendung zu etwas macht, das sich erarbeitet, ersiegt werden muss.

Der Sportfilm steht bei Durkin hinter dem Familiendrama (die Familie erlitt beinahe Kennedy-hafte Verluste und machte den Ehrlich-Fluch zu einem stehenden Begriff jener Zeit) und das Familiendrama hinter dem Panoptikum einer Nation im Ungewissen. Leider misslingt Durkin die Gewichtung seiner unterschiedlichen und zugleich ineinander verwirkten Erzählebenen mitunter und die Entscheidung, am Ende so etwas wie den magischen Realismus des französischen Vorkriegskinos zu zitieren steht im Widerspruch zu allem was bisher geschah.

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Sean Durkin beweist einmal mehr, nach „Martha Marcy May Marlene“ (2011) und dem sträflich übersehenen „The Nest“ (2020), dass er ein Regisseur ist, auf den zu achten sich lohnt. Auch weil er ein Ensemble großartiger Schauspieler zu führen weiß, angeführt von Holt McCallany in einer fruchtlosen Darstellung als Vater und Zac Efron als Kevin von Ehrlich, aus dessen Blickwinkel „The Iron Claw“ erzählt ist, ohne dass er dadurch zum Hauptprotagonisten würde. Am Ende gelingt „The Iron Claw“ das Kunststück, auch für all jene ein sehenswerter Film zu sein, die von Wrestling nichts halten und von den von Ehrlichs noch nie etwas gehört haben.

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