Sergeant Ryker – Hängt den Verräter!

Land: USA 1968  Laufzeit: 86 min.  Regie: Buzz Kulik  Mit: Lee Marvin, Bradford Dillman, Peter Graves, Vera Miles, Lloyd Nolan, Murray Hamilton, Norman Fell   Label: Plaion  FSK: 16 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos

© Plaion

Es gibt eben nichts, das es nicht schon gegeben hätte. Die Streaming-Dienste und ihre Prestigeproduktionen sind nicht der erste Angriff der Bildschirme auf die Leinwände dieser Welt. Vor allem in den USA erlebten TV-Produktionen in den 1950er und 1960er Jahren eine ganz eigene Hochzeit. Junge Regisseure wie Sidney Lumet, Robert Altman, Sam Peckinpah oder John Frankenheimer konnten sich ausprobieren. Kinostars der Vergangenheit erlebten einen zweiten Frühling. Kinostars der Zukunft verdienten sich ihre ersten Sporen.

Finanziert wurden die dazugehörigen Serien von den Werbetreibenden selbst, weshalb viele Anthologien mit wechselnden Plots und Stars die Namen von Konsumartikeln als einzig einigendes Band trugen. Zum Beispiel das „Kraft Suspense Theater“, das zwischen 1963 und 1965 wöchentliche Spannung im 60 Minuten-Format (45 Minuten Handlung, 15 Minuten Werbung) bot. Gleich zu Beginn (am 10. und 17. Oktober 1963) gab es mit „The Case Against Paul Stryker“ eine Doppelfolge. Unter dem Titel „Stunde der Entscheidung“ schaffte es die Serie auch über den Teich nach West-Deutschland, wo die Auftaktdoppelfolge am 11. Juni 1965 in einem Rutsch ausgestrahlt wurde.

Als ausführender Produzent hinter den Kulissen agierte der geniale Roy Huggins, dem die Welt auch Sachen wie „77 Sunset Strip“, „Maverick“ oder „Detektiv Rockford“ verdankt. Und der achtete nicht nur darauf, dass seine Regisseure (hier Buzz Kulik) aus dem stets knappen Budget das meiste herausholten, er war auch keiner Möglichkeit abhold, aus bereits versendeten Material nochmals Geld herauszuschlagen. So wurden die beiden Teile des „Case Against Paul Stryker“ zusammengefügt und tauchten 1968 unter dem Titel „Sergeant Stryker“ in den USA und „Hängt den Verräter!“ in Deutschland in den Kinos auf. Denn der Star der Folgen war Lee Marvin und der hatte 1967 mit John Boormans „Point Blank“ gerade einen Hit gelandet.

Ironischerweise ist es diese gefälschte Kinofassung, die nun via DVD und Blu-ray auf die Bildschirme zurückkehrt – und dadurch tatsächlich gewinnt. Auf der Leinwand fielen beispielsweise die mangelnde Tiefe der TV-Bilder, die Konzentration auf Groß- und Nahaufnahmen, die Inszenierung auf die Werbepausen hin unangenehm auf. Auf den Bildschirmen ist das weit weniger der Fall. Allerdings darf man sich auch vom Artwork des Covers nicht in die Irre führen lassen. „Sergeant Stryker“ spielt zwar vor dem Hintergrund des Korea-Krieges, ist aber eigentlich kein Kriegs- und damit Actionfilm, sondern ein genuines Gerichtsdrama.

Stryker ist der Fahnenflucht und des Geheimnisverrats an Rot-China angeklagt, wird in einem ersten Verfahren zum Tod durch den Strang verurteilt, das aber aufgrund inadäquater Verteidigung nochmal aufgerollt werden muss. Da man vor Gericht und auf hoher See bekanntlich in Gottes Hand ist, trägt das Drama selbst 60 Jahre nach seinem Entstehen noch ganz ordentlich. Vor allem aber bietet diese Veröffentlichung eine Chance, einen Blick zurück in die Vergangenheit des Fernsehens zu werfen, gerissener Verwertungstricks inklusive.

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