Avatar: The Way of Water

Land: USA 2022  Laufzeit: 193 min.  Regie: James Cameron  Mit: Sam Worthington, Zoe Saldana, Sigourney Weaver, Kate Winslet, Stephen Lang  Label: Disney  FSK: 12 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos

© Disney

Als James Cameron 2009 seine Science-Fiction-Fantasy-Oper „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ in die Kinos brachte, kannten die Erwartungen keine Grenzen. Sein letzter Film hatte seine Premiere ganze zwölf Jahre zuvor erlebt und war der bis dahin erfolgreichste Kassenschlager aller Zeiten namens „Titanic“. Würde Cameron mit „Avatar“ daran heranreichen oder würde er, um im Bild zu bleiben, Schiffbruch erleiden?

Nun, die Antwort ist bekannt. „Avatar“ traf eine friedensbewegte, ökologieafine, New-Age-angehauchte urbane Gesellschaft mitten ins Herz. Die Leidensgeschichte eines friedliebenden, naturverbundenen Volkes, das aufgrund seiner natürlichen Ressourcen ins Visier des (westlichen) militärisch-industriellen Komplexes gerät, sprach zu sehr vielen Menschen, die an einem Unbehagen in der eigenen Kultur litten, von der sie damals schon fühlten, dass diese Lebensweise nicht nachhaltig sein kann. Dass die Grundstory bei Delmer Daves Western „Der gebrochene Pfeil“ (1950) ziemlich unverstellt abgekupfert war: geschenkt. Hatte nicht der große Howard Hawks gesagt, alle Geschichten seien bereits erzählt worden, es käme darauf an, sie neu zu erzählen?

Retrospektiv betrachtet erstaunt an „Avatar“ wie viele Aspekte unserer heutigen politischen Debatten er erahnt, vorweggenommen hat. Allen voran die Frage nach dem gerechten Krieg und dem Recht, ja der Pflicht eines angegriffenen Volkes, sich, seine Lebensweise und seine Kultur auch gegen einen überlegenen Angreifer zu verteidigen. „Avatar“ gelang dank einer Brachialdramaturgie, die keinen Widerspruch duldete, das Kunststück, dass auch jene Menschen im Kinosaal gedanklich zu den Waffen griffen, die den Film eigentlich wegen seiner Friedensbotschaft liebten.

Solange „Avatar“ die Blicke seines Publikums im Bann hält, entfaltet er ohne Zweifel einen großen Zauber. Dass sich dieser Zauber eher technischen Errungenschaften verdankte, die Herz und Seele nicht wirklich wärmten, merkte man frühestens auf dem Nachhauseweg. Vielleicht lag es ja daran, dass bei einigen eine gewisse Schadenfreude vorherrschte, als James Cameron bei der Oscarverleihung 2010 in den Kategorien Beste Regie und Bester Film ausgerechnet gegen den sehr erdigen Nach-Kriegsfilm „The Hurt Locker“ seiner Ex-Frau Kathryn Bigelow unterlag…

Seitdem sind fünfzehn weitere Jahre vergangen und der Blick auf „Avatar“ ist mit jedem einzelnen analytischer, kühler geworden. Maßgeblich verantwortlich dafür ist niemand anderer als James Cameron selbst, weil man bei ihm nie sicher sein kann, ob er mehr Talent zum Künstler oder zum Geschäftsmann hat. „Avatar“ hat sich seit 2009 vom Film- zum Vertriebsereignis gewandelt. Kann jemand die unterschiedlichen Versionen und Fassungen auf DVD, Blu-ray, HD-dies und Ultra-jenes noch benennen, in denen „Avatar“ inzwischen käuflich erwerblich ist? Wozu letztlich auch die 3-D-Fassung zu zählen ist, die nun herauskommt?

Den letzten übriggebliebenen Zauber zerstörte erneut James Cameron selbst, und zwar mit dem Sequel „Avatar: The Way of Water“ aus dem Jahr 2022. Dieser zweite Teil war weder schlechter noch besser als der erste. Er war dasselbe nochmal von vorn in grün und unter Wasser. So kommt es, dass man die Ankündigung eines dritten, vierten und fünften Teils für 2025, 2029 und 2031 eher mit Grausen denn Vorfreude zur Kenntnis nimmt. Der erste „Avatar“ aber wird stets ein wie auch immer gearteter Meilenstein der Filmgeschichte bleiben, den man gesehen haben muss. Am besten auf einer großen Leinwand. Wenn’s nicht anders geht auch auf einer Scheibe.

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