Die Frau Im Nebel

Land: Südkorea 2020 Laufzeit: 138 min.  Regie: Park Chan-wook  Mit: Go Kyung-Pyo, Lee Jung-hyun, Tang Wei, Park Hae-il  Label: Plaion Pictures  : 25.5.2023  FSK: 16 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos:

© Plaion Pictures

Wir sprechen hier über den jüngsten Film des koreanischen Regie-Stars Park Chan-wook. Wer jetzt denkt, „Park wer?“ kann definitiv kein Interesse an asiatischem Kino haben und sollte vielleicht nicht unbedingt „Die Frau im Nebel“ als Probe aufs Exempel aussuchen.

Park Chan-wook landete im Jahr 2000 mit seinem „JSA – Joint Security Area“ auf dem Radar des Festival-Zirkuses, einem Polizeifilm über die Aufklärung zweier Morde an nord-koreanischen Soldaten in der entmilitarisierten Zone zwischen den beiden Koreas, in der UNO-Blauhelme den immer noch unerklärten Frieden zu wahren suchen. Es folgte seine berühmte Rache-Trilogie mit „Sympathy for Mr. Vengeance“ (2002) und „Lady Vengeance“ (2005) als Rahmen für Parks vielleicht bis heute berühmt-berüchtigsten Film „Oldboy“ (2003), an dessen Remake immerhin kein Geringerer als Spike Lee spektakulär gescheitert ist.

Festzustellen, dass Parks Filme extreme Gewaltdarstellungen in den Mittelpunkt ihrer Dramaturgie setzen, trifft es auf den Kopf und zugleich auch überhaupt nicht. Vielleicht hilft der Vergleich mit der Funktion exzessiver Gewaltszenen bei Sam Peckinpah (z.B. „The Wild Bunch“, 1969 oder „Pat Garrett und Billy the Kid“, 1973). Während bei Peckinpah Gewalt durchaus auch ornamentalen Charakter hat, was ihm nicht gänzlich zu Unrecht den Vorwurf einbrachte, Gewalt zu ästhetisieren, geht Park sozusagen den umgekehrten Weg. Bei ihm ist exzessive, zu Magen gehende Gewalt stets Verbildlichung innerer Gefühls- und Seinszustände seiner Protagonisten.

Wer sich angesichts der „Frau im Nebel“ – der Originaltitel bedeutet eher „Zeit, die Beziehung zu beenden“ – mehr vom selben erhofft, wird vielleicht enttäuscht werden. Die „Frau“ ist in etwa bis zur Mitte seiner 139 Minuten Spieldauer ein ziemlich asketisches Police-Procedual, in dem ein Polizist von der Frau eines zu Tode gekommenen Kletterers faszinierter ist, als es der Aufklärung des Falles dienlich sein kann. Allerdings treibt Park die Handlung nicht mit dem genreüblichen ‚Wo waren Sie letzten Freitag um 18:00 Uhr?‘ und ‚Wir werden das überprüfen‘ voran. Die entscheidenden Hinweise sind hier im Arrangement der Dinge um Polizist und Hauptverdächtige platziert und vor allem hinter den Blicken zwischen den beiden versteckt. Dann nimmt die Handlung eine Wendung ins Thrillereske, die in ihrer Totalität an Neil Jordans „The Crying Game“ (1992) erinnert. Damals bat der Verleih darum, die Wendung in den Rezensionen des Films nicht zu offenbaren. Und genau das gilt auch hier.

Allerdings wäre es geflunkert, würden wir nicht darauf hinweisen, dass „Frau im Nebel“, bei aller Kunsttfertigkeit seiner Darbietung, nicht wirklich genügend Plot aufzuweisen hat, um seine Spieldauer zu rechtfertigen. Was noch weit unvorteilhafter ins Auge fallen würde, könnte sich Park nicht blind auf seine charismatischen Stars, Park Hae-il als Polizist im Nebel und die Chinesin Tang Wei (sie debütierte in Ang Lees „Gefahr und Begierde“, 2007) als femme fatale, in der Bezeichnung jeder nur denkbarer Bedeutung.

Vielleicht ist das ja auch eines der größten Komplimente, die man einem Regisseur machen kann, dass ein nahezu perfekter Film, gemessen auch an dessen direktem Vorgänger „Die Taschendiebin“ (2016) und an seinem offensichtlichen Vorbild, Alfred Hitchcocks „Vertigo“ (1958), beinahe ein wenig enttäuschend wirken kann.

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