Drive Away Dolls

Land: USA/GB 2023  Spielzeit: 83 min.  Regie: Ethan Coen  Mit: Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan, Beanie Feldstein, Colman Domingo, Pedro Pascal  Label: Universal  FSK: 16 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos

© Universal

Die Coens (Joel und Ethan) sind das derzeit berühmteste Regie-Duo (und Brüderpaar) Hollywoods. In mittlerweile 40 Jahren Filmgeschichte haben sie Meisterwerk an Meisterwerk gereiht: „Miller’s Crossing“ (1990), ihr nach wie vor bester Film. „Barton Fink“ (1991). „Fargo“ (1996) natürlich. „The Big Lebowski“ (1998). „No Country for Old Men“ (2007), der in den Jahr den Oscar als Bester Film einheimste, in dem Paul Thomas Andersons „There Will Be Blood“ hätte gewinnen müssen. „True Grit“ (2010), der zu den Remakes zählt, die ihrem Vorbild – hier: Henry Hathaways „Der Marshall“ (1969) – überlegen sind. „Inside Llewyn Davis“ (2013).

Selbst wo es zum Klassiker nicht ganz gereicht hat, sind ihre Produkte immer noch skurril, abgefahren und lustig genug, um in Erinnerung zu bleiben: „Blood Simple“ (1984). „Raising Arizona“ (1987). „The Hudsucker Proxy“ (1994). „O Brother, Where Art Thou?“ (2000), der endlich den Film auf die Leinwand brachte, den Joel McCrea in Preston Sturges „Sullivan’s Travels“ (1941) drehen wollte. „The Man Who Wasn’t There“ (2001). „A Serious  Man“ (2009). „The Ballad of Buster Scrubbs” (2018). Nur selten blieben die beiden deutlich hinter unseren Erwartungen und ihren Fähigkeiten zurück: „Intolerable Cruelty“ (2003). „Ladykillers“ (2004). „Burn After Reading“ (2008). „Hail, Caesar!“ (2016).

In letzter Zeit gewinnt der alte Disput, ist Joel eher der Regisseur und Ethan eher der Autor  (zumal der Regie-Credit bis 2003 allein an Joel ging) wieder an Fahrt. Das liegt an den durchwachsenen Drehbüchern, die die beiden für andere schrieben – Michael Hoffmans „Gambit“ (2012), Angelina Jolies „Unbroken“ (2014), Steven Spielbergs „Bridge of Spies“ (2015) und George Clooney „Suburbicon“ (2017) – vor allem aber daran, dass die Brüder erstmals komplett getrennte Wege gingen. Joel adaptierte Shakespeares „Macbeth (2021) und präsentierte die neben Roman Polanskis aus dem Jahr 1971 beeindruckendste Verfilmung des besten Stücks des Barden. Ethan präsentierte den Spaß „Drive-Away Dolls“ (2024), der ein ganz großes Durcheinander mit gelegentlichen (zu wenigen!) Lichtblicken geworden ist.

Jamie (Margaret Qualley) ist eine Frohnatur, vor allem wenn es um Sex geht. Marian (Geraldine Viswanathan) würde etwas mehr Lockerheit echt guttun, nicht nur, wenn es um Sex geht. Jamies Beziehung Sukie (grandios: Beanie Feldstein) hat die Nase voll von Jamies Fremdgeherei und schmeißt sie raus, weshalb sich Jamie Marian auf der Fahrt nach Tallahessee in einem Auto anschließt, das überführt werden muss. Natürlich bekommen sie das falsche Auto, in dem etwas ist, das Leute gerne wiederhätten, die dafür auch ohne mit der Wimper zu zucken, aber dafür umso wortreicher über Leichen gehen.

Keine Sorge: Das Ganze macht beim Ansehen auch nicht viel mehr Sinn als beim Lesen. Was besonders unangenehm auffällt: Der Film strotzt nur so vor brutalen Gewalttaten, die scheinbar komisch gemeint sind und nur deshalb so drastisch gezeigt werden, bleibt aber bei den lesbischen Liebes- und Sexszenen typisch amerikanisch prüde. Auch 2024 schaden Mord und Totschlag der Altersfreigabe deutlich weniger als nackte Haut und Erotik. Auf der Habenseite stehen die drei Hauptdarstellerinnen, die abgedrehten Dialoge (Dialoge schreiben kann Ethan Coen einfach) der Mädchen und des Gangsterduos auf ihren Spuren und die Szene, in der Sukie einem der Gangster zeigt, wo der Bartel den Most holt.

Abgesehen davon ist „Drive-Away Dolls“ (der ursprünglich „Drive-Away Dykes“ heißen sollte und das am Ende auch tut) eine einzige Enttäuschung. Vor allem, weil er ständig an einen Film erinnert, wie ihn ein Regisseur machen würde, der auf das Cover „in der Tradition der Coen-Brüder“ schreiben möchte. Ethan Coen plagiiert, ja kannibalisiert das eigene Werk (hauptsächlich „Fargo“) und das ist nie ein angenehmer Anblick. Immerhin ist auch „Dive-Away Dolls“ eine Familienangelegenheit. Tricia Cooke, die als Co-Drehbuchautorin und als Cutterin genannt wird, ist seit 1990 Ethan Coens Ehefrau. Und nach 84 Minuten hat man die Sache auch schon wieder hinter sich.

Dieser Beitrag wurde unter Action, Komödie, Thriller abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..