Land: USA 1985 Regie: Barry Levinson Laufzeit: 109 min. Mit: Nicholas Rowe, Alan Cox, Sophie Ward, Anthony Higgins, Susan Fleetwood Label: Paramount VÖ: März 2023 FSK: 12 – Von Georgios Tsapanos
Als „Young Sherlock Holmes“ (1985) am 15. Mai 1986 in den deutschen Kinos startete, trug er den leicht umständlichen Verleihtitel „Das Geheimnis des verborgenen Tempels“. Und Schuld daran war Steven Spielberg. Aber der Reihe nach.
Wenn man eine Ahnung davon bekommen will, wieso Hollywood auch in den 1980ern wenn schon nicht in Sachen Filmkunst, dann in jedem Fall in Sachen Filmbusiness dem Rest der Welt überlegen war, muss man sich Filme wie „Young Sherlock Holmes“ anschauen.
Der Film ist Patchwork-Kino par excellence: Eher ein generalstabsmäßig geplantes Projekt denn Kunst. Das Script: eher ein Businessplan denn ein Drehbuch. Die Zutaten: eher Hollywoods Version des viktorianischen England denn ein Abbild seiner Zeit. Das Personal: eher gut eingeführte und beliebte Fuguren mit neckischem Twist denn lebendige Charaktere.
Und dennoch: Das ganze funktioniert prächtig, zumindest solange die Bilder auf der Leinwand bzw. dem Bildschirm flackern. Das Wiedersehen hält sogar ein paar erstaunliche Überraschungen in petto, die 1986 zum Teil noch gar nicht auffallen konnten.
So stammt das Drehbuch aus der Feder von Chris Columbus. Der hat 15 Jahre später die ersten beiden Harry Potters inszeniert. Man müsste die Augen schon fest verschließen, um nicht zu sehen, wie sehr Potter-Drehbuchautor Steve Kloves sich von „Young Sherlock Holmes“ inspirieren ließ – oder J.K. Rowling.
Die Regie übernahm Barry Levinson. Der war in den 1970ern als Drehbuchautor tätig (z.B. für Mel Brooks) und legte 1982 mit „Diner“ wie aus dem Nichts ein wahnsinnig gutes, intimes, melancholisches Regiedebüt hin – von dem in „Young Sherlock Holmes“ nichts zu sehen ist. Das sollte Levinsons Modus Operandi werden. Herzensangelegenheiten (Tin Men, Avalon, Liberty Heights) wechselten sich mit Auftragsarbeiten ab, die er nicht selten vorzeitig und unter Unterschreitung des Budgets im Kasten hatte (Rain Man, Disclosure, Sleepers). Manchmal versuchte er Kunst und Handwerk zu mixen (Bugsy, die TV-Serie Homicide, Wag the Dog). Seit den 2000 hat man nichts mehr von ihm gehört, obwohl er stetig weiter arbeitet. Sein erster Film „Diner“ bleibt sein bester und „Rain Man“ (1988) sein erfolgreichster, Oscar als Bester Film des Jahres inklusive.
„Young Sherlock Holmes“ hingegen kann man nicht mal guten Gewissens als Levinsons Film bezeichnen. Der gehört voll und ganz seinem Produzenten Steven Spielberg. Alles hier schreit Amblin. Das ganze Finale – der indische Todeskult, der heidnische Tempel – ist samt dazugehöriger Komparsarie Spielbegs „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ entlehnt.
Man kann „Young Sherlock Holmes“ all das aber unmöglich übel nehmen. Zu neckisch ist das frei erfundene erste Zusammentreffen von Holmes und Dr. Watson als sie noch Sherlock und John waren, die Einführung der Holmes’schen Erkennungsmerkmale beinahe im Vorübergehen (auch das wurde im Prolog zu „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ (1989) aufgegriffen), das Hineinschlittern in beider erstes Abenteuer.
Das einzige erstaunliche: Alle Jugendlichen Hauptdarsteller haben es nicht zu größerer Bekanntheit gebracht, obwohl sie noch lange danach regelmäßig arbeiteten. Man schaut ihnen zu und fragt sich: wieso eigentlich.
Ich liebe diesen Film. 🙂
LG
Stephan
LikeGefällt 1 Person