Sniper – The White Raven

Laufzeit: 111 min.  Land: Ukraine 2022  RegieMarian Bushan  Label: Busch Media Group  : 20.1.2023  FSK: 16 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos:

© Busch Media Group

„Sniper: The White Raven“ ist ein ukrainischer Film und als solcher natürlich der Film zum Krieg. Nur nicht zu dem, den wir heute alle kennen, dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf sein Nachbarland, den seit dem 24. Februar 2022 Krieg zu nennen in Russland unter Strafe verboten ist. Sondern zu dem Krieg, den wir zu lange ignoriert haben und der seit Februar 2014 das Leben der Menschen im Donbas bestimmt. Auch deshalb könnte „Sniper“, obwohl vor dem ominösen 24. Februar 2022  entstanden, aktueller nicht sein.

Bedenkt man, dass Regisseur Marian Bushan das Drehbuch gemeinsam mit Mykola Voronin geschrieben hat, einem Lehrer, der zum Soldaten werden musste und der hier ohne Zweifel auch seine Erlebnisse verarbeitet hat, erstaunt die verlässliche Kette von Klischees, die der Film ohne mit der Wimper zu zucken abarbeitet. Der Held ist zu Beginn nicht nur Lehrer, sondern Pazifist, lebt mit seiner schwangeren Frau ein Hippieleben und alles könnte so schön sein, gäbe es die Russen nicht.

Die Frau wird ermordet und der Held wandelt sich vom Hippie zum Rächer. Der Weg dahin, wieder eine einzige Kette von Klischees, wie wir sie aus hunderten Ertüchtigungskriegsfilmen kennen. Die harte Ausbildung, Liegestütze im Regen (wer spätestens da nicht an Ridley Scotts „Die Akte Jane“ denkt, kann den nicht gesehen haben), der Damaskusmoment, in dem der Hippie und Zivilist zum Krieger wird.

Und auch im weiteren Verlauf erinnert das Drehbuch ans Filmen nach Zahlen, vertraut auf ein paar Zufälle zu viel und schafft es trotz aller Authentizität in der Darstellung nicht wirklich, eine fesselnde Dramaturgie aufzubauen, geschweige denn aufrecht zu erhalten. Man folgt dem Geschehen, der Held ist inzwischen ein gefürchteter Scharfschütze, aber eher weil man weiß, dass das, was der Film bebildert nur einige hundert Kilometer weiter östlich tatsächlich geschieht.

Erst im Finale, einem Duell der Scharfschützen, das natürlich an Jean-Jacques Annauds „Duell – Enemy at the Gates“ erinnert, gewinnt der Film auch aus sich selbst heraus an Eindringlichkeit. Mit den selben gemischten Gefühlen, die einen das ganze Seherlebnis über begleiten, kommt man aus diesem Streifen auch heraus, der eines ganz bestimmt nicht ist: Ein Antikriegsfilm.

Aber selbst wenn „Sniper. The White Raven“ als Genrebeitrag eher von mittlerer Art und Güte sein mag. Als Monument des unerbittlichen Widerstandswillens der Ukrainerinnen und Ukrainer hat er jetzt schon einen Platz in der Filmgeschichte nicht nur seines Landes. So gesehen ist der Busch Media Group, deren Programm ansonsten eine gewisse Neigung zum Trashigen aufweist, mit der Veröffentlichung des Films in Deutschland ein regelrechter Coup gelungen.

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