Land: USA 2021 Mit: Natalie Zea, Chiké Okonkwo Label: Universal VÖ: 26.1.2023 FSK: 18 – Ein Beitrag von Georgios Tsapanos
Die merkwürdige Profession, Filme, Serien, Theateraufführungen oder sonst etwas zu rezensieren, hält für den Rezensenten bzw. die Rezensentin zwei hauptsächliche Hinterhalte bereit:
- Der Versuchung nicht zu widerstehen, Produkte von Leuten, die man mag, besser darzustellen als sie eigentlich sind.
- Nicht die Produkte zu rezensieren, die man tatsächlich zu sehen bekommt, sondern die, die man gerne gesehen hätte.
Die Mini-Serie „La Brea“ fällt ihn die zweite Kategorie.
Allein der Titel weckt Hoffnungen. Die „La Brea Pits“ sind Gruben natürlichen Asphalts mitten in Los Angeles und eine wahre Goldgrube für alle Paläontologen dieser Welt. Jahrtausende alte Fossilien von Vögeln über Säugetieren bis zu merkwürdigeren Arten, von denen die Säbelzahnkatze die berühmteste sein dürfte, sind dort gefunden worden. Leserinnen und Leser fortgeschrittenen Alters werden sich vielleicht erinnern, dass die Gruben in „Volcano“ (1997) mit Tommy Lee Jones und Anne Heche eine Rolle spielten.
Damit taten sie dort in einer Nebenrolle bereits mehr als in der Serie, der sie ihren Namen liehen. Hier nämlich sind sie nichts weiter als Ausgangspunkt einer Idee auf der Suche nach einer Handlung. Immerhin: die Macher verlieren mit der Exposition nicht viel Zeit. Eve fährt Sohn und Tochter zur Schule. Der Dialog hakt die Eckpunkte ab, die das Publikum wissen muss. Vor allem: Eve und der Vater ihrer Kinder, Gavin, sind geschieden, die Kinder haben ihre Loyalitäten aufgeteilt und – schwups! – aus den Gruben wird ein Senkloch, das nicht nur einen guten Teil der Nachbarschaft, sondern auch Mutter und Sohn in die Tiefe reißt.
Sie überleben und fortan wird gekämpft. Die einen in einer Art prähistorischen Welt direkt unter Los Angeles irgendwo zwischen Allan Quatermain und Jurassic Park. Die anderen, also vor allem Gavin darum, seine Familie zu retten. Ach ja, Gavin verfolgen Visionen aus der Unterwelt, die noch zu den interessantesten Aspekten der Show zu zählen sind.
Im Englischen gibt es für solche Geschichten den schönen Ausdruck „suspension of disbelief“. Was soviel heißt wie: Man weiß, dass das alles Unsinn ist, dass man jede Hoffnung auf Logik fahren lassen muss und dass die Teletubbies mehr mit ausgefeilten Charakteren zu tun haben als die handelnden Personen. Aber so einem dieses Kunststück gelingt, kann man dem Ganzen so etwas wie frühkindliches Vergnügen abgewinnen.
In den USA waren das offensichtlich ausreichend viele Menschen, so dass „La Brea“ eine zweite Saison geschenkt bekam. Sie startete am 27. September 2022 bei NBC und wird es bestimmt auch über’n Teich schaffen.