Land: Deutschland 2020 Regie: Thomas Stuber Mit: Charly Hübner, Tristan Göbel, Alexander Scheer, Lilith Stangenberg, Daniel Sträßer, Constanze Becker, Sandra Hüller, Eva Weißenborn, Béla Gabor Lenz, Ilja Bultmann, Andrea Guo VÖ: 14.1.2021 Label: SKY FSK: 16 – Ein Beitrag von Julian Dax:
Spätestens mit der auch im Ausland erfolgreichen Mystery-Serie Dark hat Deutschland bewiesen, dass man auch hierzulande Genres beherrscht, die man nicht auf Anhieb mit uns assoziieren würde. Darauf baut nun auch die Serie Hausen, die dem Mystery-Genre auch noch eine gehörige Schippe Horror hinzufügt.
Nach dem Tod seiner Mutter ziehen der 16-jährige Juri (Tristan Göbel) und sein Vater Jaschek (Charly Hübner) in einen riesigen heruntergekommenen Plattenbau ein, in dem Jaschek die Stelle als Hausmeister angenommen hat. Nichts scheint hier so richtig zu funktionieren, und auch die hier „hausenden“ (!) Bewohner, von denen Vater und Sohn im Laufe der Zeit immer mehr kennenlernen, sind nicht gerade das, was man sich unter halbwegs „normalen“ Mitmenschen vorstellt. Während Jaschek jedoch trotz aller Widrigkeiten versucht, einigermaßen Ordnung in die desolaten Zustände zu bringen, verdichten sich für Juri immer mehr die Anzeichen, dass es das Haus selbst ist, welches eine Art Eigenleben zu führen scheint…
Wäre der Titel nicht bereits vergeben, könnte man sich auch für Hausen sehr gut Dark als Alternative vorstellen, denn während der 480 Minuten (8 x 60), die sich praktisch ausschließlich in dem Gebäude abspielen, herrscht nahezu ständig Finsternis, sei es in den Gängen, Kellern oder versifften Wohnräumen, und da man als Zuschauer immer wieder Mühe hat, Details zu erkennen, möchte man im Geist ständig den nächsten Lichtschalter betätigen. (Übrigens zeigt sich der Wohnblock auch bei den ab und zu dazwischen geschnittenen Außenaufnahmen düster und stets nebelverhüllt.)
Vor einger Zeit lief in der Tatort-Reihe die Folge Limbus, in der ein nach einem Autounfall schwer verletzter Professor Börne in einer Art Zwischenwelt landet, während sich sein weiteres Schicksal (Himmel oder Hölle?) entscheidet. Und auch von den Charakteren in Hausen gewinnt man sehr schnell den Eindruck, dieser Bodensatz der Menschheit habe sich und alle und alles um sich herum schon längst aufgegeben und befände sich bereits in der Vorhölle, wobei es für sie nur noch weiter abwärts gehen kann.
Doch spätestens hier beginnen auch die Probleme der Serie: während man den Machern unbedingt bescheinigen muss, dass sie in Bezug auf Atmosphäre ganze Arbeit geleistet haben – neben den suggestiven schwarz-blau-grünen Bildern hört man auch eine beständige ungemütliche Geräuschkulisse aus dissonanten Tönen – hapert es doch ganz gewaltig damit, eine auch nur halbwegs stringente Geschichte zu erzählen, Charaktere auszuarbeiten und einen Spannungsbogen aufzubauen.
Das alles wäre natürlich absolut hinnehmbar – schließlich akzeptiert man ja auch Filme wie Eraserhead oder den Japan-Horror Dark Water, an dem sich Hausen offensichtlich sehr stark orientiert – aber es handelt sich dabei eben um Spielfilme und nicht um 8-stündige Serien, an deren Atmosphäre sich selbst der Gutwilligste irgendwann sattgesehen hat und ungeduldig wird, da die Handlung damit absolut nicht Schritt halten kann. Und wenn die Macher sich in der letzten Episode auch noch für ein wahrhaft kosmisches Ende entscheiden, werden viele Zuschauer außer ihrem persönlichen WTF-Moment wohl nur wenig mehr empfinden als eine gewisse Erleichterung darüber, dass es nun vorbei ist.
Im beigefügten Booklet äußern sich einige der Hauptdarsteller zu Hausen, und das klingt im Falle von Lilith Stangenberg so: „Dieser Hausen-Kosmos ist ja ein dunkler, schwarzer Kosmos. Der Eingang in das Hochhaus ist wie die Schwelle in ein schwarzes Loch, in dem die großen menschlichen Konflikte und Komplexe , Einsamkeit und Seele und Tod und Wahnsinn zusammenkommen. Das Haus eskaliert diese Gefühle.“
Wenn Sie also zu den Zuschauern gehören, denen Form stets über Inhalt geht, Symbolik über Klarheit, dann ist Hausen auf jeden Fall die Serie für Sie. Alle anderen mögen Vorsicht walten lassen.
Technik: 8 Episoden à ca. 60 Min. plus ca. 35 Min. Bonus
Bonus: Making Of, Drei Interviews mit Charly Hübner, Tristan Göbel, Alexander Scheer, Interview mit der Set-Designerin, Special Effect Feature, Booklet