Originaltitel: Gérard, cinq années dans les pattes de Depardieu Buchtitel: Gérard: Fünf Jahre am Rockzipfel von Depardieu Autor: Mathieu Sapin, Silv Bannenberg (Übersetzung), Olav Korth (Lettering) Verlag: Reprodukt, März 2018 Umfang: 160 Seiten, farbig, 20.5 x 27.5 cm, Hardcover ISBN: 978-3-95640-143-5 Preis: 24 Euro
Das erste Mal nahm ich Gérard Depardieu in der Proll-Komödie Les Valseuses (1974) wahr: Die wurde in deutschen Kinos nämlich mit dem gezielt indiskreten Spruch „Der Filmtitel kann aus Jugendschutzgründen nicht übersetzt werden“ beworben, was mein Interesse mächtig weckte…
Der nach heutigen Maßstäben eher harmlose Streifen verhalf immerhin Depardieu wie auch Miou-Miou zum Durchbruch und seither verging kaum ein Kinojahr, in dem der markante Darsteller nicht mehrmals auf den Leinwänden auftauchte. In den letzten Jahren war der immer schwergewichtigere Mime dann aber eher mit Negativschlagzeilen (Steuerflucht aus Frankreich, Urinieren im Flugzeug, Freundschaft mit Putin) in der Presse…
Für die arte-TV-Serie Schlemmen mit Gérard Depardieu reiste er durch sieben Länder, auf einer dieser Touren wurde Depardieu (* 1948) vom Comic-Zeichner Mathieu Sapin (* 1974) begleitet, der seine Erinnerungen in dem Band Gérard: Fünf Jahre am Rockzipfel von Depardieu zu Papier brachte.
Die deutsche Ausgabe erschien im Frühjahr 2018 im Berliner Comic-Verlag Reprodukt – das im Jahr 1991 gegründete Unternehmen definiert sich als Autorenverlag. Der mit 160 Seiten ungewöhnlich umfangreiche Band ist hochwertig gefertigt und gedruckt. Mathieu Sapins gezeichnetes Tagebuch ist neben Prolog und Epilog – auch Comics können halt große Literatur sein – in fünf Kapitel gegliedert:
- Oktober 2012: Paris, Aserbaidschan
Der Zeichner und der Schauspieler lernen sich kennen und touren für den Dok-Film Reise durch den Kaukasus erstmals zusammen los - Oktober 2012 – März 2014: Paris
Depardieu, Mathieu und die Schmutzkampagne in der Presse
- Juli – November 2015: Bayern, Portugal, Katalonien
Für die TV-Serie Schlemmen mit Depardieu futtert, trinkt und pöbelt sich das Schwergewicht durch verschiedene Regionen - Januar 2016: Buçcao
Depardieu ist in Portugal unter der Regie von Fanny Ardant im Film Le Divan de Staline in der Titelrolle aktiv
- April 2016: Moskau
Bänker, Notare, Steuerberater, eine Filmakademie und dubiose, aber reiche Freunde
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Gérard: Fünf Jahre am Rockzipfel von Depardieu ist das faszinierende Porträt eines Rüpels, der sich ziemlich wenig um seine Umgebung schert, sondern ehrlich und direkt seine Meinung sagt. Mathieu, der bereits den Künstler Joann Sfar sowie François Hollande in Bildergeschichten verewigte, hat alle Höhen und Tifene des Schauspielers vortrefflich eingefangen und zeigt Gerard Depardieu genau so, wie er ist: Genussorientiert, lautstark, exzentrisch, fluchend, schmatzend, rülpsend, philosophierend und gerne in Unterwäsche – aber irgendwie auch ehrlich und grenzwertig sympathisch.
Der Zeichenstil der Geschichten beschränkt sich auf überschaubare Striche und ist trotzdem ziemlich detailverliebt. Für weitere Informationen bekommt der Leser Sternchenerklärungen, kleine Texte mit Pfeilen sowie Zusätze an den Rändern spendiert.
Mathieu kommt Depardieu mit seinen Zeichenstiften un/angenehm näher, als das bisher einem Filmemacher gelungen ist. Eine etwas andere Biographie, die sich jeder Fan des französischen Schwergewichts unbedingt mal durchblättern sollte.
Eine Leseprobe finden Sie hier beim Verlag, ein Interview mit Mathieu Sapin gibt es hier.
Wer der französischen Sprache mächtig ist, erfährt hier mehr vom Künstler selbst:
Ein Comic über Depardieu? Ist so gut wie gekauft…
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