Moonlight

Land: USA 2016 Regie: Barry Jenkins Mit: Mahershala Ali, Shariff Earp Azu, „Sandy“ Sanderson, Alex Hibbert, Janelle Monáe, Naomie Harris Label: dcm Film Distribution
Veröffentlichung: 25.8.2017 FSK: 12

Ein Beitrag unseres weißen Soziologen Julian Dax:

© DCM Film Distribution

Eine bittersüße Romanze in Form eines altmodisch anmutenden Musicals oder doch eher ein hartes Sozialdrama mit poetischen Untertönen – das war die spannende Frage bei den diesjährigen Oscar-Verleihungen. Als am Ende LaLa Land versehentlich zum besten Film des Jahres gekürt wurde, nur um Minuten später doch Moonlight weichen zu müssen, war die Häme groß und führte wieder einmal zu Diskussionen, wie rassistisch Hollywood eigentlich sei.

Moonlight erzählt die Geschichte eines Schwarzen, der in Miamis Ghetto mit dem zynisch anmutenden Namen „Liberty City“ aufwächst. In drei separaten Lebensabschnitten, jeweils benannt nach dem sich ständig verändernden Spitznamen der Hauptfigur, schildert Regisseur Barry Jenkins, der selbst in Liberty City großgeworden ist, ein von Gewalt und Trostlosigkeit bestimmtes Leben, wobei er jedoch immer wieder auch Hoffnung und Menschlichkeit durchschimmern lässt.

Chiron, genannt Little, wird in der Schule gnadenlos gemobbt, gejagt und misshandelt, da ihn seine Mitschüler für irgendwie „anders“ halten. Seinen Vater hat er nie kennen gelernt, von seiner drogenabhängigen Mutter kann er keine Hilfe erwarten. Seine Leidenszeit scheint beendet, als sich der Kubaner Juan (absolut verdienter Oscar als bester Nebendarsteller: Mahershala Ali) des Jungen annimmt und, zusammen mit seiner Partnerin, als eine Art Elternersatz fungiert. Als tragische Ironie allerdings kann man die Tatsache ansehen, dass er ein Drogenhändler ist und u.a. auch Chirons Mutter zu seinen Kunden zählt.

Im zweiten Abschnitt ist Chiron ein Teenager; er ist wieder völlig auf sich allein gestellt, denn sein väterlicher Freund lebt nicht mehr. Nach wie vor ist er den Attacken von Mitschülern ausgesetzt. Nur in seinem Klassenkameraden Kevin glaubt er, einen wahren Freund gefunden zu haben, der für ihn Verständnis zeigt und sich ihm gegenüber in einer ebenso eindeutigen wie äußerst dezenten Szene ebenfalls als homosexuell outet. Doch ist es ausgerechnet dieser angebliche Freund, der ihm kurz darauf das Herz bricht und ihn zu einer Tat hinreißen lässt, die für Chiron schwerwiegende Konsequenzen nach sich zieht.

Im dritten und letzten Teil ist Chiron ein erwachsener Mann, der nun selbstbewußt seinen vormals verhassten Spitznamen „Black“ angenommen hat. Noch einmal kommt es zu einer Begegnung mit Kevin, bei der beide sich erneut ihren Gefühlen füreinander stellen müssen.

© DCM Film Distribution

Barry Jenkins gelingt mit Moonlight eine bisher so noch nicht gezeigte Gratwanderung zwischen einem unerbittlichem Sozialdrama, das dennoch nicht nur Hoffnungslosigkeit vermittelt, und einer romantischen Grundstimmung, die jedoch niemals in Kitsch abdriftet. Es ist auch ein sehr stiller Film; wenn sie überhaupt sprechen, sagen die Figuren in der Regel nur das Notwendigste. Was wirklich in ihnen vorgeht, äußert sich mit Hilfe von Blicken, Gesten und letztlich in ihrem Tun, wobei der Regisseur das große Glück hatte, drei großartige Darsteller zu finden. Nichts wird erklärt; so erfährt man z.B. weder den eigentlichen Grund, warum sich ausgerechnet eine Drogenhändler eines einsamen, verängstigten Jungen annimmt, noch, was genau sich zwischen dem zweiten und dritten Teil ereignet hat, um aus einem schüchternen Teenager einen selbstbewußten, muskelbepackten Erwachsenen zu machen. Und trotzdem vermisst man nichts, denn die Bilder, die der Film für seine Geschichte findet, sind so stark und aussagekräftig, dass sie die Handlung fast von allein transportieren und, wo nötig, auch dazu bringen, die Leerstellen selbst auszufüllen.

Im Kino war Moonlight bei uns erwartungsgemäß kein großer Erfolg beschieden; vielleicht findet er jetzt auf DVD/Blu-ray etwas mehr Beachtung. Verdient hätte es dieses Ausnahmewerk allemal!!!


Technische Daten:

Lauflänge Hauptfilm: 107 min (111 min Blu-ray)
Bildformat: 2,35:1 (16:9 anamorph) / (2,35:1 (1080/24p) Blu-ray)
Tonformat: Dolby Digital 5.1 (DTS-HD Master Audio 5.1. Blu-ray)
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Französisch, Italienisch
Bonus: Die Entstehung von MOONLIGHT in über einer Stunde Bonusmaterial / Einmalige Einblicke am Set in Miami, inklusive Interviews mit Cast & Crew / Faszinierende Hintergründe zu den Drehorten, dem Cast und der Filmmusik / Exklusives
Publikumsgespräch und ein ausführliches Interview mit Barry Jenkins von der Deutschland-Premiere in Berlin / Barry Jenkins’ sehr persönlicher Audiokommentar zum Hauptfilm mit berührenden Details zu jeder Szene – exklusiv als hochwertiges Mediabook im glänzenden Hardcovereinband mit 24 Seiten Booklet mit exklusiven Texten und Fotos zum Film

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2 Antworten zu Moonlight

  1. Pingback: Kritik: Moonlight – Filmexe – Blog über Filme und Serien

  2. Miss Booleana schreibt:

    Der Film hat mich auch umgehauen. Das Label bester Film des Jahres zu Recht verdient.

    Gefällt 1 Person

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